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Laute E-Autos: Brauchen wir mehr Lärmschutzzonen?

Neue Messungen in der Schweiz zeigen, dass E-Autos oft gleich laut wie Verbrenner sein können. Experten empfehlen Lärmmodelle zur Prognose und gezielter Einführung von Verkehrsmaßnahmen.

Grüner und sauber unterwegs. E-Autos werden oft wegen des umweltfreundlichen Antriebs für die Mobilitätsart der Zukunft angesehen. Doch auch Elektroautos können problematische Aspekte aufweisen, die gewöhnlich bei Autos mit Benzin- oder Dieselmotor zu sehen sind. In der Schweiz durchgeführte Messungen zeigen, dass Stromer nicht so leise sind, wie viele annehmen.  

Auf zwei Straßenabschnitten, einmal innerorts und einmal außerorts von Aarau, maßen Lärmspezialisten den Lärm, den verschiedene Automodelle verursachen. Darunter waren auch ein älteres Fahrzeug, SUV, Sportwagen und verschiedene Elektroautos. Die Messungen ergaben, dass ein Tesla X bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde einen ähnlichen Geräuschpegel wie etwa ein Audi RS6 mit 600 PS erzeugt. Ergebnisse, die laut der Experten nicht allzu überraschend sind. „Der Tesla X ist ein großes, schweres Auto mit breiten Reifen und diese Reifen erzeugen Rollgeräusche“, erklärt Lärmspezialisten Dejan Milo.  

Wie der Reifenbranche bereits bekannt, sei der Straßenlärm eben auch auf die Rollgeräusche zurückzuführen. Für den Lärm können sie, wie in dem Bespiel des Teslas, sogar wichtiger als Motorengeräusche sein. „Bis 20 km/h ist das Motorengeräusch entscheidend, ab 20 km/h nur das Rollgeräusch“, erklärt Milo. Elektroautos sind deshalb deutlich leiser als Benziner in Wohngebieten, auf Hauptstraßen sei dieser Unterschied aber nicht mehr zu hören. 

Die von Spezialisten der Kantone Aargau, Baselland und dem Bund durchgeführte Studie bestätigt, dass das Lärmproblem trotzt E-Autos auch künftig ungelöst bleiben wird. Ziel der Messungen war es Klarheit in das Phänomen zu schaffen und dabei Daten zu sammeln, die sich später in Lärmmodelle entwickeln sollen. Helfen sollen diese dann bei der der Planung von Straßen und Lärmschutzmaßnahmen, wie etwa Flüsterbelägen oder Temporeduktionen. 

Die Schweizer Kantone überlegen nämlich schon, welche Lösung am besten geeignet sei, um die Auswirkungen der Lärmbelastung auf die Bevölkerung abzufedern. Der Aargauer Kanton, Vorbild in Bezug auf den Einbau von lärmarmen Belägen, sieht zwar Flüsterbeläge als die günstigere und wirksamere Alternative zu Lärmschutzfenstern und -wänden. Auch Temporeduktionen und die möglichen Auswirkungen der Einführung eines Tempo 30 auf die Kantonsstrassen werden gerade geprüft. In der Zwischenzeit sind in der Schweiz Reifenetiketten bereits seit 2014 obligatorisch. Sie machen nicht nur erwartete Energieeffizienz und Sicherheit, sondern auch Lärmangaben ersichtlich.  

Hinsichtlich der Zunahme des Bestandes an E-Autos, insbesondere in Europa in Verbindung mit dem Zulassungsverbot von Verbrennern ab 2035, wird die Frage der Lärmbelästigung durch Stromer auch in anderen Ländern immer wichtiger. Zu beobachten bleiben die Entwicklungen aus der Schweiz, ebenso wie die Ergebnisse der Nutzung von Flüsterbelägen und Geschwindigkeitseinschränkungen. Die Einführung neuer Lärmschutzzonen, sowohl als die Ausweitung der schon bestehenden, könnte sich jedoch als die strengste, aber auch wirksamste Maßnahme erweisen.