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Schonfrist für Diesel in Deutschland

Strenge Abgastests für Diesel-Fahrzeuge werden in Deutschland um zwei Jahre verschoben. Eigentlich waren die neuen Messverfahren für das Jahr 2021 angekündigt. Die Deutsche Umwelthilfe bemängelt, dass das Verkehrsministerium zu wenig gegen dreckige Diesel auf den Straßen tue, um die Autoindustrie zu schützen.

Bereits 2017, als Reaktion auf den Dieselskandal, wurden die strengeren Abgastests für Dieselfahrzeuge angestoßen. Sie sollen die tatsächlichen Emissionen der Fahrzeuge im Realbetrieb messen und verhindern, dass die Emissionen in bestimmten Situationen durch Abschaltvorrichtungen deutlich höher sind, als erlaubt. Während im Dieselskandal solche Vorrichtungen auch dazu da waren Kunden und Behörden zu täuschen, gibt es sie heutzutage den Autobauern zufolge nur, um den Motor in bestimmten Situationen zu schützen. So werden zum Beispiel bei extremen Temperaturen mehr Emissionen ausgestoßen, damit der Motor keinen Schaden nimmt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nennt dies ein Schlupfloch, mit dem die Autoindustrie die hohen Emissionen rechtfertigen wolle.

Angesichts eines am Mittwoch letzter Woche veröffentlichten Berichts der DUH in Zusammenarbeit mit dem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) seien bei vielen der untersuchten Autos die Stickoxid-Emissionen deutlich höher als die Grenzwerte erlauben. Selbst unter Normalbedingungen überschritten die 15 untersuchten Fahrzeuge die Stickoxid-Emissionen zum Teil um das 18-fache. Auch der CO2-Ausstoß bereitet der DUH Sorge. Bei einem untersuchten Plug-In-Hybrid liege dieser um 440% höher als erlaubt. Bei neueren Diesel-Fahrzeugen der Euro-Norm 5 und 6 steigen Stickoxid-Werte vor allem bei den angesprochenen Temperaturschlupflöchern.

Der im Jahr 2017 angestoßene Abgastest, auch Endrohruntersuchung genannt, soll nun erst im Jahr 2023 kommen. Laut des Verkehrsministeriums um Andreas Scheuer (CSU) seien die neuen Tests noch nicht ausgereift. Die DUH und die Grünen sehen die Untätigkeit des Verkehrsministeriums als vorsätzlich, um die Autoindustrie zu schützen. Sicherlich hätten die Testverfahren innerhalb von 4 Jahren abschließend entwickelt werden können.

Gleichzeitig werden immer mehr Umweltspuren und –zonen abgeschafft, so in Düsseldorf, Balingen und Schramberg. CDU und CSU sehen viele der Dieselfahrverbote außerdem als unrechtmäßig an, da die Luftqualität im letzten Jahr wohl auch wegen der Corona-Pandemie deutlich verbessert wurde. Während die Regierung striktere Abgastests also verschiebt, werden die kurzzeitig verbesserten Luftwerte gleichzeitig genutzt, um alte Diesel-Fahrzeuge wieder auf die Straßen zu bringen.

Erst letzte Woche hatten wir über eine ADAC-Untersuchung zur Euro-Norm 7 berichtet, in der viele Euro 6-Fahrzeuge schon jetzt deutlich unter den Grenzwerten liegen. Die Messungen von DUH und EKI zeichnen ein anderes Bild.

Auch deswegen bedarf es dringend einer neuen Abgasuntersuchung der Regierung, damit die tatsächlichen Emissionen der Fahrzeuge kontrolliert werden können. Nur so kann die Luftqualität auch nach der Pandemie in den Städten gesichert und die Gesundheit der Bewohner geschützt werden.