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Alkohol statt Elektro?

In Europa bedeutet Verkehrswende fast immer gleich Elektromobilität. Aus Brasilien kommt aber nun ein Ansatz, die Fahrzeuge mit Ethanol antreiben soll. Eine ungewöhnliche Technik, die mit der Unterstützung großer Autokonzerne eine solide Lösung für eine umweltfreundlichere Verkehrswelt werden könnte.

Forscher aus der ganzen Welt sind konstant auf der Suche nach alternative Antriebsarten, nach Kraftstoffen, die im Einsatz gleichzeitig wirtschaftlich und nachhaltig wirken können. Während sich in Europa und Asien die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen vieler Unternehmen vornehmlich auf Elektromobilität und Wasserstoff konzentrieren, macht in Brasilien eine neue Alternative jedoch ihre ersten Schritte. Die Ethanol-Industrie des Landes arbeitet nämlich mit der Automobilindustrie zusammen, um die Möglichkeiten und das Klimapotenzial von alternative Biokraftstoffe auszuloten. Das Hauptziel und Fokus des Projekts? Hybrid- und Wasserstoff-Brennstoffzellenautos zu entwickeln, die anhand Alkohol-Biokraftstoff betrieben werden – mit geringer Umweltbelastung, auf dem Papier.  

Komplett nachhaltig ist der brasilianische Ansatz aber auch nicht. Zwar weisen die Brasilianer darauf hin, dass sogenannte Flex-Fuel-Verbrennungsmotoren, die wasserhaltiges Ethanol verwenden, „nur 58 g/km CO2 ausstoßen“, so rechnen Experten jedoch mit Kohlendioxid-Emissionen von mindestens 87 g/km CO2. Was schließlich weniger ist als bei einem herkömmlichen Hybrid-Elektroauto – aber immer noch mehr als die Null-Emissionen, welche reine E-Autos beim Fahren ausstoßen. Das Potenzial des Ethanol-Ansatzes sei jedoch groß. Denn dieser basiert ebenfalls auf der Annahme, dass in der Tat auch Elektrofahrzeuge – aufgrund der noch starken Beteiligung von fossilem Energieträger bei der Mehrheit der Energie-Mixen –negative Umweltauswirkungen haben. Auswirkungen, die laut Forscher von einem optimierten Ethanol-basierte Biokraftstoff vermieden werden können. Vor allem in einem Land wie Brasil, wo extreme Stromkosten und mangelhafte Ladeinfrastruktur Fahrzeugen mit Elektromotoren, trotzt steigenden Bestands, die komplette Verkehrselektrifizierung stark verhindern würden. Nur 350 E-Ladepunkte seien zum Beispiel in ganzen Brasil momentan verfügbar.  

Hingegen konzentrieren sich Konzerne wie Toyota und Nissan in Brasilien bereits auf die Herstellung von Autos mit Ethanol-Antrieb, sowie auf die Umrüstung von einigen Modellen – wie beispielsweise die Corolla-Serie. Eine Senkung der Emissionen zu durchschnittlich 29 g/km Kohlenstoffdioxid sei dabei zu erwarten, erklärt Gründer und Vorsitzender der Agraranalysegruppe Datagro Plinio Nastari. Dazu sei auch die Verbindung von ethanolhaltigen Lösungen mit der Wasserstofftechnologie geplant. Mit dem Ziel, saubere Bio-Brennstoffzellen-Antrieben auf dem Markt zu bringen. Dass diese aber keinen nennenswerten Marktanteil bekommen werden, sei die Vermutung des E-Mobilität-Verbandes ABVE, welche weiterhin in elektrische Motoren der Zukunft der Autowelt sieht.  

Eine Strategie, die sicherlich von Marktinteressen geleitet wird – genauso wie die Ethanol-Branche ebenso von ihren Zielen getrieben wird. Eine Spannung, die aber im besten Fall zur Entwicklung eines wettbewerbsfähigen ökologischen Motors führen könnte. Sollte das Projekt Früchte tragen und zur Serienproduktion von Ethanol-Automodelle einladen, könnte Alkohol das brasilianische Verkehrswesen revolutionieren – mit potenziellen Auswirkungen auf die grüne Verkehrswende vieler anderen Ländern.