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Tempo 30: Klimaschutz kommt ÖPNV teuer zu stehen

In Städten gibt es immer mehr Tempo 30-Zonen. Das Konzept der Verkehrsreduzierung ist sowohl in puncto Klimaschutz sowie für die Verkehrssicherheit beliebt. Städte sollen so außerdem Fußgänger- und Radfahrer-freundlicher werden. Das Problem: der öffentliche Nahverkehr, ein wichtiger Bestandteil zukunftsfähiger Mobilitätskonzepte, leidet unter der Geschwindigkeitsreduzierung!

Überall in Europa entstehen Tempo 30-Zonen. Wegen Vorteilen bei der Kraftstoff-Einsparung und dementsprechend beim Klimaschutz, aber auch bei der Sicherheit von Verkehrsteilnehmern ist das Konzept beliebt. In vielen Großstädten liegt der Verkehr außerdem im Durchschnitt sowieso nur zwischen 20 und 30 km/h. Eine Reduzierung in Kombination mit einem klugen Ampel- und Verkehrsleitsystem sollte also eigentlich nicht zu einer Zeiteinbüße für Verkehrsteilnehmer, sondern lediglich zu einer entspannteren Fahrt durch die Stadt mit weniger Stop-and-Go führen.

In der Schweiz hat sich nun der öffentliche Nahverkehr zum Thema Tempo 30 geäußert. Die Reduzierung der Geschwindigkeit führe zu einer deutlichen Steigerung der Kosten. Denn wenn die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h gesenkt wird, müssen alle Fahrzeuge diese einhalten, mit Ausnahme von Rettungsdiensten und der Polizei. Dies betrifft auch den öffentlichen Nahverkehr. In Zürich geht das lokale Unternehmen VBZ davon aus, dass die geplante Reduzierung der kommerziellen Geschwindigkeit durch zusätzliche Verbindungen kompensiert werden muss. Geplant ist die Anschaffung von sechs Straßenbahnen und 21 Bussen sowie die Einstellung von zusätzlichem Personal. Das Unternehmen schätzt die Rechnung auf etwa 20 Millionen Euro.

Die Public Transport Union (UTP), der Dachverband der Branche, hat in einem Positionspapier Stellung bezogen und angemerkt, dass die Verallgemeinerung von 30 km/h zu einem "Zeitverlust führt, der sich summiert". Die Beibehaltung des Tempos könne dann nur noch "durch die Einstellung von mehr Bussen oder Straßenbahnen und Fahrpersonal" sichergestellt werden. "Verlängerte Reisezeiten verringern die Attraktivität des ÖPNV für Kunden und verteuern ihn zudem", warnt sie.

Im Zuge von Verkehrsberuhigung im städtischen Raum geht es nicht nur um die Geschwindigkeit an sich, sondern auch um damit einhergehende Maßnahmen: generelle Reduzierung der Fahrbahnbreite und punktuelle Verengung oder der Einbau von Bremsschwellen. Diese Maßnahmen seien für den Individualverkehr zwar angebracht, um geringe Geschwindigkeiten einzuhalten, für den Busverkehr jedoch reine Schikane.

Es sollte also eine Differenzierung der Geschwindigkeiten geben. Nicht nur Vertreter des öffentlichen Nahverkehrs, sondern auch die meisten Menschen in der Schweiz stehen nicht hinter einem ganzheitlichen Tempo-30-Limit in den Städten. Eine Umfrage des TCS (Touring Club Schweiz) zeigt, dass 70 % für eine Geschwindigkeitsreduzierung sind, allerdings nur in Nebenstraßen und Nachbarschaftsstraßen. Wie auch der UTP betont auch der TCS, dass die Verallgemeinerung der 30 km/h "an allen Orten und ausnahmslos" das Risiko birgt, die kollektive Mobilität weniger attraktiv zu machen.

Es ist klar, dass eine Balance zwischen Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und Effizienz des öffentlichen Verkehrs gefunden werden muss. Wie so häufig muss eine an lokale Bedingungen angepasste Lösung her, die von Stadt zu Stadt unterschiedliche aussehen sollte. Solange das Verkehrssystem Bussen und Straßenbahnen im öffentlichen Raum keinen Vorrang Gebieten kann und diese durch kluge Verkehrsleitung und Ampelführung ihre Kunden schnell und sicher ans Ziel bringen kann, scheint ein generelles Tempolimit wohl keine gute Idee zu sein.