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Euro 7: EU scheut vor Verschärfungen zurück

Ab 2025 soll die neue Abgasnorm Euro 7 kommen. Eigentlich sollte der neue Standard die Emissionen aller Fahrzeuge betreffen. Der EU-Rat hat sich nun gegen eine Verschärfung bei Pkw und Transportern gegenüber Euro 6 entschieden. In Hinblick auf die strengeren Grenzwerte für Luftqualität, die die EU vor genau zwei Wochen beschlossen hatte, wirkt die Entscheidung des EU-Rats paradox.

Emissionswerte von neu zugelassenen Fahrzeugen in der EU dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Autobauer müssen so immer wieder neue Technologien entwickeln, um die Abgaswerte zu reduzieren. Bei der zurzeit geltenden Euro-Norm 6 gelten zum Beispiel die Grenzwerte von 500 Milligramm pro Kilometer (mg/km) Kohlenmonoxid und 80 mg/km Stickoxid für Diesel-Pkw. Bei Benzinern liegen die Werte 1.000 mg/km und 60 mg/km. Für schwerere Fahrzeuge sind die Grenzwerte zum Teil weniger streng. Innerhalb der Euro-Norm 6 gibt es Subkategorien, welche zwar die gleichen Grenzwerte für die jeweiligen Fahrzeugkategorien haben, aber zum Beispiel ein strengeres Prüfverfahren vorschreiben. Während die Tests zu Beginn der Einführung von Euro 6 vergleichsweise einfach waren, wurden sie mit der Zeit immer strikter, um Fahrzeuge unter verschiedensten Bedingungen zu testen. So muss mittlerweile zum Beispiel der reale Kraftstoff- und Energieverbrauch über den gesamten Fahrbetrieb und bei unterschiedlichen Temperaturen getestet werden und den Vorgaben entsprechen.

Von der neuen Euro-Norm 7, die ab Januar 2025 gelten soll, sollten ursprünglich alle Fahrzeugklassen betroffen sein und sich die Grenzwerte deutlich verschärfen. Für Diesel-Pkw sollte dann zum Beispiel der Stickoxid-Ausstoß auf den der Benziner fallen, also auf 60 mg/km.

Der EU-Rat hat sich nun gegen eine Verschärfung der Emissionsgrenzwerte bei Pkw und Transportern entschieden. Für schwerere Fahrzeuge soll die Verschärfung kommen. Unter anderem hatten Italien und Frankreich sich gegen die neue Euro-Norm 7 für Pkw ausgesprochen. Mit Blick auf den Umstieg auf E-Autos hätten die Autobauer ihrer Meinung nach schon genug zu tun. Sich jetzt mit der Reduzierung der Emissionen bei den ohnehin vor dem Ende stehenden Verbrennern zu beschäftigen, hielten sie für kontraproduktiv. Stattdessen müsste sich die Branche auf die Weiterentwicklung und Innovation von E-Autos konzentrieren, um anderen Herstellern zum Beispiel aus den USA und China die Stirn bieten zu können.

Deutschland hatte sich für die strengeren Grenzwerte ausgesprochen. Die Entscheidung des Rates stößt daher auf Unverständnis.  Bundesumweltministerin Steffi Lemke sieht die Entscheidung vor allem in Hinblick auf die menschliche Gesundheit äußerst kritisch. Der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums, Sven Giegold, nannte die Entscheidung ambitionslos. Auch der Vorschlag aus Deutschland, E-Fuels in der neuen Norm zu berücksichtigen, wurde nicht übernommen. Verkehrsminister Volker Wissing hatte den Gesetzgebungsprozess noch in letzter Minute aufgehalten, um den Weg für E-Fuels zu ebnen - allerdings ohne Erfolg. Die Organisation Transport & Environment schließt sich der deutschen Position an. Die Euro-Norm 7 sei unerlässlich, um Innovation bezüglich der Emissionen in der Automobilbranche voranzubringen.

Unverändert bleibt der Gesetzesentwurf der EU bezüglich der Emissionen von Feinstaub durch Bremsen und Reifen. Diese Non-Exhaust-Emissionen entstehen sowohl bei Verbrennern als auch bei E-Autos. Je schwerer die Fahrzeuge sind, zum Beispiel wegen großer Batterie-Systeme für eine große Reichweite von E-Autos, desto mehr Feinstaub entsteht durch den Abrieb beim Fahren auf der Straße. So wird die neue Euro-Norm also auch die Herstellung von E-Autos vor neue Herausforderungen stellen.

Vor dem Hintergrund, dass die EU erst am 13.09.2023 deutlich niedrige Grenzwerte für Luftverschmutzung in der EU festgelegt hat, ist die Verwässerung der Euro-Norm 7 erstaunlich. Wie soll die Luft in der EU reiner werden und sich die Mitgliedstaaten an WHO-Standards orientieren, wenn die Autobauer weiterhin mit alten Emissionsstandards produzieren dürfen. Wenn die Mitgliedstaaten von der Industrie keine Unterstützung bekommen, so wären Umweltzonen und Fahrverbote auch für die dann ältere Euro-Norm 6 in der ganzen EU durchaus denkbar.