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Umweltzonen: Höhere Strafen für SUV-Fahrer?

Im Fall eines Rotlichtverstoßes hat das Amtsgericht Frankfurt entschieden, eine SUV-Fahrerin härter zu bestrafen als andere Autofahrer. Können ähnliche auf Autotyp basierten Argumentationen auch in Umweltzonen geltend gemacht werden? Oder bleiben sie willkürlich und verfassungsrechtlich fragwürdig?

SUVs werden immer beliebter. Mit einem Plus von 600.000 gegenüber dem Vorjahr waren Anfang 2022 ca. 4,8 Millionen Geländewagen in Deutschland registriert. Trotz Bedenken bezüglich der Umweltverträglichkeit dieses Fahrzeugtyps, entscheidet sich jeder fünfte Autokäufer dafür. Doch könnten SUV-Fahrer bald mit höheren Strafen rechnen müssen.  

Es gehe nämlich eine höhere Betriebsgefahr von SUV-Modellen aus als von anderen Autos. Schuld sei die „kastenförmige Bauweise und die größere Bodenfreiheit der erhöhten Frontpartie“, heißt es in einem Urteil des Frankfurter Amtsgerichts. Die Konstruktionsmerkmale des Autos führen dazu, dass ein höheres Verletzungsrisiko zuungunsten anderer Verkehrsteilnehmer bei einem SUV bestehe. So begründete das Amtsgericht seine Entscheidung vom 3. Juni 2022 (Aktenzeichen: 974 OWi 533 Js-OWi 18474/22), höhere Strafen im Fall von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung durch Sportsgeländewagen zu verhängen.  

Derzeit betreffe aber der noch unverbindliche Beschluss nur einen konkreten Fall, und zwar einen Rotlichtverstoß in Frankfurt am Main. Dabei war eine Frau mit ihrem SUV, 1,1 Sekunden nach dem Anfang der Rotphase in den Kreuzungsbereich eingefahren. Auf die drei Sekunden lange gelbe Ampelphase habe die Lenkerin ebenso nicht geachtet. Für so ein Vergehen sei eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro vorgesehen. Im Rahmen des Bußgeldverfahrens haben die Richter aber beschlossen, nicht das übliche Bußgeld zu verhängen, sondern haben sie sich innerhalb des im Bußgeldkatalog festgelegten Rahmens freier bewegt und den Betrag der Geldstrafe auf 350 Euro erhöht. Mit zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot wurde die Fahrerin ebenso belegt.  

Der Schritt wurde in erster Linie im Zusammenhang mit den vorherigen Verkehrsdelikten der Fahrerin gerechtfertigt. Im Jahr 2020 wurde sie nämlich schon bei Geschwindigkeitsüberschreitungen und Handynutzung am Steuer erwischt. Eine wesentliche Rolle wurde aber auch dem möglichen erhöhten Unfallsrisiko zugerechnet. Ein derartiger Verstoß mit dem SUV sei „gravierender als der Normalfall“, so das Gericht. Erklärt sei dies nicht nur durch das höhere Gewicht, die SUVs im Vergleich zu Fahrzeugen anderer Klassen auf die Waage bringen, sondern auch die Kollisionsgefahr steige aufgrund der baubedingten Beeinträchtigung der Rundumsicht, etwa durch breitere A-Säulen oder hohe Motorhauben.  

Soll die Entscheidung des Frankfurter Gerichts Rechtsverbindlichkeit sein, könnte diese zu wichtigen Änderung bei der Auslegung des Bußgeldkatalogs führen. Demnach könnten auch Umweltzonen und deren Vorschriften betroffen werden. Man könnte nämlich auch argumentieren, dass Fahrzeugen, die stärker die Luft verschmutzen und somit mehr Lungenkrankheiten verursachen, mehr Bußgeld in Umweltzonen zahlen sollen. Höhere Geldstrafen auf Basis der verursachten Schadstoffemissionen könnten daher SUV-Fahrer erwarten - sowohl als auch diejenigen, die zum Beispiel auch mit einem LKW oder Dieselauto unterwegs sind.  

Aus rechtlicher Sicht bleibe die Anwendung eines solchen Grundsatzes jedoch schwierig. Zu Kontroversen habe sogar der Rotlichtverstoß in Hessen bereits geführt. Willkürlich und verfassungsrechtlich fragwürdig sei die Festsetzung eines höheren Bußgeldes, das in erster Linie auf der Art des Fahrzeugs beruht. So die Meinung vom Rechtsanwalt und Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Fischer. Laut des damaligen Vorsitzenden Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof wäre eine Differenzierung der Geldbußen nur nach der Fahrzeugart bei einem abstrakten gefährlichen Verkehrsverstößen „grob gleichheitswidrig“. Angesicht der Vernachlässigung einer Mehrheit von Faktoren, die ebenso die Gefährlichkeit im Fall von Verstößen bestimmen, sei eine solche richterliche Entscheidung „evident unzweckmäßig“.  

Solle die rechtliche Aspekte geklärt werden, könnte eine differenzierte Feststellung der Bußgelder nicht erhöhte Straßensicherheit bedeuten, sondern auch eine balancierte Verteilung der Verantwortung der Fahrer. Wer eine rote Ampel überfährt und dabei eine größere Gefahr für Passanten darstellt, würde einen höheren Preis zahlen. Das gleiche würde dann auch bei Verstößen in Umweltzonen gelten, wo die am meisten verschmutzende Fahrzeuge mit höherer Buße belegt werden würden.  

Damit dies funktionieren würde, reiche es jedoch nicht aus, sich auf das einzige Prinzip des Autotyps zu verlassen. Eine zukünftige Lösung könnte aber ein breiterer Bußgeldkatalog darstellen, der mehrere Parameter -wie etwa Hubraum, Gewicht und Emissionen- umfasst.