Nur 2 Monate nach Einführung der Umweltzone in Glasgow hat die Stadtverwaltung fast £600.000 durch Strafen verdient. Nach heftiger Kritik wegen Problemen mit den stadteigenen Fahrzeugen kommt nun wieder Ärger in der Bevölkerung auf. Geht es der Stadt um Geldmacherei?
Seit Juni dieses Jahres ist die Low Emission Zone, kurz LEZ, in Glasgow aktiv. Diesel Fahrzeuge brauchen mindestens die Euro-Norm 6, Benziner die Euro-Norm 4, um einfahren zu dürfen. Ältere Fahrzeuge, die trotzdem einfahren, bekommen eine Strafe von £60. Im Juni wurden Fahrzeuge nur einmalig bestraft, seit Juli werden mehrfache Verstöße auch mehrfach geahndet.
Während im Juni knapp 3.000 Strafen ausgestellt wurden, waren es im Juli bereits doppelt so viele. Dies entspricht etwa 150 Verstößen pro Tag. 777 Verstoße wurden an Widerholungstäter ausgestellt. Bei solch einem Verstoß wird die Strafe als Abschreckung gleich verdoppelt. Wer 2-mal in die Zone einfährt zahlt also nicht erneut £60, sondern gleich £120. 1 Person wurde im Juli gleich 4-mal bestraft und muss eine Strafe von £480 zahlen.
Die Stadt verspricht alle Einnahmen durch die LEZ in die Verbesserung der Luftqualität zu investieren. Mitglieder der „LEZ fightback campaign“, die sich seit einiger Zeit gegen die Zone einsetzt, sagen, die LEZ sei ein Mittel, die marode Haushaltskasse der Stadt aufzubessern. Sie kritisieren zudem, dass die Luftwerte, die die Stadt als Rechtfertigung für die Einführung benutzt hat, noch aus Zeiten vor Corona stammen, in denen deutlich weniger Menschen im Homeoffice gearbeitet haben. Die damals schlimmsten Luftverschmutzer – die stadteigenen Busse – wurden außerdem mittlerweile durch neuere Modelle ersetzt.
Wie genau die Stadt die eingenommenen Gelder in die Verbesserung der Luftqualität investieren will, muss sie noch erklären. Ein Anfang wäre sicher eine Umstellung der stadteigenen Flotte auf Hybrid- oder Elektroautos. Noch fährt sie mit etwa 884 Diesel-Fahrzeugen, von denen viele die Standards der LEZ nicht erreichen. Auch das Fahrzeug der Bürgermeisterin darf nicht mehr einfahren.
Außerdem müssten die Bürger, die von der LEZ stark betroffen sind, ebenfalls direkt von den eingenommenen Geldern profitieren. Laut Aussage einer Gemeindesprecherin sind etwa 90% der Fahrzeuge in Glasgow mit den Regeln der LEZ konform. Man kann davon ausgehen, dass die anderen 10% der ärmeren Bevölkerungsschicht gehören, die sich neuere Fahrzeuge schlicht nicht leisten kann. Diese Personen wohnen meist in schlecht angebundenen Randbereichen der Stadt, und sind daher auf ihr Fahrzeug angewiesen. Sie sind jetzt besonders hart von den Regeln der LEZ getroffen. Die Stadt muss einen Plan vorlegen, der beschreibt, wie diesen Personen geholfen werden kann. Denn in Zeiten der Energiekrise und steigenden Lebensmittelpreisen haben ärmere Personen nicht viel von sauberer Luft, wenn sie sich lebensnotwendiges nicht mehr leisten können.