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Kamerasystem für Umweltzone: Überwachungsstaat oder nötige Digitalisierung?

München will als Vorreiter in Deutschland erstmalig Kamerasysteme nutzen, um Umweltzonen-Sünder zu erfassen und zur Kasse zu bitten. In anderen Ländern ist die Überwachung der Umweltzonen schon lange digital. So wird diese zuverlässiger und die Luft tendenziell sauberer. Doch im Fall München gibt es viel Kritik.

Datenschutz wird in Deutschland großgeschrieben. Digitale Prozesse hinken darum im Vergleich zu anderen Ländern weit hinterher. So zum Beispiel bei der Administration im Bürgeramt, dem BAföG oder anderen staatlichen Diensten. Und eben auch beim Thema Verkehr: Umweltzonen, Fahrverbote, Falschparker. Der deutsche Staat setzt auf Manpower durch das Ordnungsamt und die Polizei.

In anderen Ländern der EU ist die Erfassung von Fahrzeugen per Kamerasystem gang und gäbe. So werden zum Beispiel in Barcelona in Spanien, den Umweltzonen in Belgien, Dänemark und auch in den vielen Umweltzonen in Großbritannien Kameras eingesetzt, um alle Fahrzeuge beim Einfahren zu scannen und zu prüfen. Wer keine Registrierung hat oder nicht den Anforderungen entspricht, bekommt eine Strafe. Dies ist nicht nur sehr effektiv und erfasst nahezu jedes Fahrzeug, während es Beamten das manuelle Prüfen von Fahrzeugen spart. Es hilft auch bei der tatsächlichen Umsetzung der Regeln der Umweltzonen und verbessert somit die Luftqualität da sich tendenziell mehr Menschen an die Regeln halten, wenn tatsächlich jeder Verstoß geahndet wird.

Als erster Standort in Deutschland soll es nun in München ebenfalls zum Einsatz von Kamerasystemen zur Überprüfung von Fahrverboten kommen. Erst kürzlich hatte die Stadt der Verschärfung des Dieselfahrverbots eine Absage erteilt und muss sich darum jetzt vor Gericht verantworten. Nun will die Stadt aber zumindest gegen die Dieselfahrzeuge, die verboten sind, hart durchgreifen.  Um die Fahrverbote und auch Falschparker zu kontrollieren, sollen bald sogenannte ScanCars unterwegs sein. Während bei manuellen Kontrollen etwa 50 Fahrzeuge pro Person kontrolliert werden können, sind mit dem Kamerasystem nun etwa 1000 Fahrzeuge möglich.

Möglich macht es das neue Straßenverkehrsgesetz der Ampel-Regierung, welches den Kommunen mehr Freiraum bei Maßnahmen gegen den Autoverkehr gibt. Es soll außerdem in Zukunft für Kommunen leichter sein, Tempo-30-Zonen einzurichten, Platz für den Fuß- und Radverkehr zu schaffen und bestimmte Straßen für Elektro- und Wasserstoff-Fahrzeuge freizugeben. Kommunen können mit dem neuen Gesetz außerdem einfacher neue Fahrverbote für Verbrenner verhängen.

Kritiker des Münchener Kamerasystems gibt es viele. Die stellvertretende Fraktionschefin der CSU Evelyne Menges kommentierte das neue Überwachungssystem mit den Worten "George Orwell lässt grüßen". Auch die SPD wünscht keine flächendeckende Überwachung der Autofahrer in München. Ob sich das Kreisverwaltungsreferat (KVR) durchsetzen kann, wird sich zeigen.

Wenn das Konzept in München Fuß fässt, so könnte die digitale Überwachung sicher auch bald in anderen Städten Deutschlands ankommen. Für die Einhaltung der Regelung in den Umweltzonen und die Luftverschmutzung wäre es sicherlich ein Gutes.