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Elektro-Gate: Täuschen Autohersteller absichtlich bei der Reichweite?

Die Reichweite von E-Autos ist beim Kauf ein ausschlaggebender Faktor. Die meisten Autos erreichen die Angaben der Hersteller aber nie. Verkaufstricks, um die Autos attraktiver zu machen? Die Hersteller weisen den Verdacht von absichtlichen Täuschungen von sich. Während die EU sich noch auf die Seite der Hersteller stellt, wird es in den USA für Tesla eng.

69 statt versprochenen 77 Kilowattstunden erreichte ein VW ID.3 im Realbetrieb. Das ergaben Tests des ADAC zum Verbrauch des E-Autos. Absichtlich geschönte Daten, um das Auto attraktiver zu machen oder bloße Differenz zwischen Kapazität der Batterie und der real erreichten Leistung auf der Straße? Laut VW ist der Unterschied einfach zu erklären: Während die Angabe der Kapazität beim Hersteller den Messungen unter Idealbedingungen entspricht, wird die tatsächliche Leistung beim Fahren von vielen Faktoren beeinflusst. So zum Beispiel vom Bremsen, Beschleunigen und der sogenannten Rekuperation, also der Rückgewinnung von Energie, die die Batterie wieder auflädt.

Die Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität ist kein Einzelfall. Auch Tests in den USA ergaben, dass E-Autos meist mehr Energie verbrauchen als von den Herstellern angegeben. Im Schnitt etwa 12,5 Prozent!

Viele Käufer fühlen sich getäuscht. Eine Familie aus Österreich hat deswegen bereits Klage gegen Citroen eingereicht. Ihr Familien-Van verspricht 380 km elektrische Reichweite. Über 200 km kommt die Familie meist nicht. Diese enorme Diskrepanz scheint man kaum auf Bremsen und Beschleunigen zurückführen zu können. Und wenn dies der Fall ist, sollten Hersteller ihre Angaben dann nicht trotzdem anpassen? Was bringt es dem Käufer zu wissen, wie weit sein Auto theoretisch unter idealen Umständen kommen könnte, wenn er dann trotzdem auf halber Strecke verzweifelt nach der nächsten Ladesäule suchen muss, um nicht am Straßenrand liegen zu bleiben.

Die EU scheint sich zurzeit auf die Seite der Autohersteller zu schlagen. Während bei den Verbrennern mit der neusten Euro-Norm 6 auch der reale Verbrauch den Richtlinien der EU unterliegt, gibt es für E-Autos noch keine Vorgaben, an die sich die Hersteller halten müssen. Für den errechneten Flottenverbrauch von Herstellern rechnet die EU jedes E-Auto mit null Gramm an. Es macht daher keinen Unterschied, wie viel Strom man benötigt, um das Auto zu laden oder wie oft es an die Ladesäule muss – die Rechnung ergibt immer Null.

In den USA wird es hingegen gerade eng für den Autohersteller Tesla. Es wurden Ermittlungen gegen den E-Auto-Riesen eingeleitet, da dieser systematisch bei der Reichweite getrickst haben soll. So soll bei den Fahrzeugen bei einem Batteriestand von über 50% immer eine deutlich höhere Reichweite angezeigt worden sein. Sobald der Batteriestand auf unter 50% fiel, wurde die reale Reichweite angezeigt. Nachdem immer mehr Kunden einen Defekt der Anzeige vermuteten, soll Tesla ein Team ins Leben gerufen haben, das einzig die Aufgabe hatte, mit den Kunden vereinbarte Werkstatttermine wieder abzusagen.

Ob es ähnlich wie beim Diesel-Gate zu einem echten Elektro-Skandal kommen wird, bleibt abzuwarten. Bisher gibt es zwar viele unzufriedene Kunden, aber noch keinen konkreten Verdacht, dass auch die europäischen Hersteller absichtlich getrickst haben. Eine Änderung in den gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Angaben der Hersteller, so dass eben auch die Batterieleistung unter Realbedingungen angegeben wird, ist aber definitiv überfällig.