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Nächste Abzocke: Neue Pkw- und Lkw-Maut

Die Rechnung ist denkbar einfach: Wenn immer mehr Verbrenner-Autos aus dem Verkehr genommen werden und immer mehr Fahrer auf Elektrofahrzeuge umsteigen, sinken die Steuereinkünfte, die man beim Verkauf von Mineralöl einnimmt. Bis zum Jahr 2030 werden diese Einkünfte im Vergleich zu 2020 sogar um rund 50 Prozent sinken. In konkreten Zahlen: Die Einnahmen sinken um 13 Milliarden Euro.

Milliarden, die beim Ausbau und der Instandhaltung der Infrastruktur in Deutschland fehlen werden. Auf der Ausgabenseite, oder besser: der Nicht-Einnahmenseite, kommen noch die Steuervergünstigungen für Elektroautos hinzu. Die ersten zehn Jahre sind E-Autos von der Kfz-Steuer befreit, danach zahlen sie lediglich die Hälfte. Auf der Einnahmenseite würde eine steigende Stromsteuer stehen, die allerdings bei weitem nicht die Steuereinbußen auffangen kann. Was also tun angesichts immer maroderer Brücken, Straßen und Tunnel auf der einen und immer weniger Einnahmen auf der anderen Seite?

Man könnte zum Beispiel eine neue Steuer einführen, die jetzt von Wissenschaftlern vorgeschlagen wurde: Die Pkw-Maut, die jeder motorisierte Fahrer zu entrichten hat und die pro Kilometer gezahlt wird. Die Forschungsinstitute Agora und Infras haben errechnet, wie hoch diese Steuer sein müsste und kommen auf 5,4 Cent. Damit könnte man 2030 rund 33 Milliarden einnehmen. Der Betrag setzt sich zusammen aus den offiziellen Wegekosten (2,6 Cent pro Kilometer), das sind die Kosten, die ein Auto pro Kilometer verursacht. Hinzu kommen noch die vom Bund errechneten Kosten für die Folgen von Luftverschmutzung, Lärm und den Naturerhalt. Der Betrag deckt nicht nur die Kosten für die notwendige Autoinfrastruktur, sondern auch für den öffentlichen Verkehr und die Fußgänger- und Radinfrastruktur.

Der Ausbau des Systems, das notwendig ist, um die zurückgelegten Kilometer auch zu registrieren, würde einmalig 2,5 Milliarden Euro kosten. Hinzu kommen laufende Kosten von jährlich 700 Millionen. Das Konzept, das die beiden Institute erarbeitet haben, sieht eine Abrechnung vor, die mit Handy-App und GPS erstellt wird. Außerdem gibt es Abstufungen im Preis: Kleine Autos, die wenig wiegen und daher die Straßen weniger beanspruchen, sollen weniger zahlen als große Autos, schmutzige mehr als schadstoffarme. Mehr zahlen soll auch, wer zu den Stoßzeiten fährt. Auch eine Staugebühr wie sie in London schon kassiert wird, ist angedacht. Durch diese Gebühr will man Menschen zu den Hauptverkehrszeiten davon abhalten, in die Innenstadt zu fahren und dadurch Staus zu verursachen. Generell gilt: Wer mehr fährt, soll auch mehr bezahlen.

Während die Pkw-Maut bislang nur angedacht ist, ist die Lkw-Maut bereits beschlossene Sache. Die EU hat entschieden, dass Lkw künftig für die Menge des CO2-Ausstoßes zahlen müssen. Bislang wurde in Deutschland für Lkw über 7,5 t eine Maut für eine gewisse Zeit erhoben, jetzt sollen Brummis und Lastwagen für die zurückgelegten Kilometer zahlen.In Deutschland zahlen Lkw seit 2005 für die Benutzung von Autobahnen. Die Einnahmen fließen nach Abzug der entstehenden Kosten für Erhebung und Kontrolle zu 100 Prozent in den Unterhalt und den Ausbau der Fernstraßen. Im letzten Jahr betrugen die Einnahmen knapp 7,6 Milliarden Euro. Brüssel hat beschlossen, dass generell für die Menge des CO2-Austoßes gezahlt werden muss. Die Richtlinie muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.

Die zukünftige Lkw-Maut ist abgestuft: Schwere Fahrzeuge, die die Umwelt stärker belasten, zahlen mehr Maut. Begünstigt werden Elektrofahrzeuge, die von der Lkw-Maut gänzlich befreit sind. Überwacht und abgerechnet wird automatisch, wer nicht zahlt, bekommt ein Bußgeld. Ausnahmen gibt es für Handwerksbetriebe.

Jedes Land kann jedoch selber entscheiden, ob es eine Maut kassiert. Das Land ist allerdings verpflichtet, dies nach geltendem EU-Recht durchzuführen, damit es keine unterschiedlichen Systeme innerhalb der EU gibt. Die Mitgliedsländer können sich auch dafür entscheiden, keine Gebühr für die Benutzung von Straßen zu verlangen. Ziel ist es, Alleingänge so wie in Deutschland während der letzten Legislaturperiode, zu verhindern. Damals hatte der Verkehrsminister Scheuer versucht, ein nationales Maut-System einzuführen, dass an EU-Gesetzen scheiterte, weil es Ausländer schlechter behandelte als Deutsche.

Der Bund kann das Geld aus Pkw- und Lkw-Maut gut gebrauchen. Nach einer Rechnung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, müssten sofort 33,6 Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert werden, um Brücken, Wege und Tunnel instand zu halten. Verkehrsexperten schlagen sogar vor, jeglichen Neubau auf Eis zu legen, weil momentan kein Geld dafür da sei.

Abgesehen von den Einnahmen hat eine Maut natürlich unübersehbare Vorteile für die Umwelt. Eine Maut führt unweigerlich dazu, dass mehr Menschen ihr Auto stehenlassen. Außerdem würde der Anreiz, auf ein sauberes Auto oder einen Lkw umzusteigen viel größer. Beides trägt dazu bei, die Luft überall dort zu verbessern, wo Autos fahren und nicht nur dort, wo es bereits Umweltzonen gibt, in die schmutzige Fahrzeuge gar nicht einfahren dürfen.