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Marseille: Umweltzonen für Schiffverkehr?

Aufgrund von erhöhten Luftverschmutzungswerten hat die Stadt nun eine Petition gestartet. Gefordert sei dabei ein Anlegeverbot der Schiffe mit den höchsten Umweltauswirkungen. Ob diese die Aufmerksamkeit und benötigte Unterstützung vom französischen Staat bekommen wird, sei aber noch abzuwarten.

Es war erst vor einigen Wochen, dass Marseille mit temporären Fahrverboten auf alarmierende Ozonkonzentrationen reagieren musste. Immer öfter muss die südliche Stadt auf solche Maßnahmen zurückgreifen, um die Schadstoffwerte in der Luft wieder unter Kontrolle zu kriegen. So oft, dass sie nun noch einen Schritt weiter gehen - und eine ständig aktive Umweltzone für die Stadt einrichten wollen. Doch bevor die französische Metropole von ihren Bürgern verlangt, dass sie ein umweltfreundliches Auto kaufen oder sogar direkt auf den eigenen Pkw verzichten sollen, wolle die Stadtverwaltung erst sicherstellen, dass schädliche Emissionen nicht nur auf dem Festland ernst genommen werden.  

Die am Mittelmeer gelegene Stadt leide nämlich stark unter dem intensiven Schiffsverkehr und der daraus resultierenden Luftverschmutzung. Nun will Marseille zeigen, dass man nicht mit zweierlei Maß messen darf und startet eine Petition gegen den emissionsreichen Seeverkehr. Es geht nicht mehr – so der stellvertretende Bürgermeister Laurent Lhardit - ein klimafreundlicheres „Verhalten von den Marseillaisern zu verlangen, während sie feststellen können, dass 100 Meter weiter Schiffe die Umwelt mit konsequenter Rauchentwicklung verschmutzen".  

Unter den Bürgern scheint die Petition – welche vor allem ein Anlegeverbot am Hafen für die am meisten verschmutzenden Schiffe während Luftbelastungsphasen erbittet - ebenso Anklang zu finden. Bereits 47.302-mal wurde sie unterzeichnet. Doch selbst wenn alle erforderlichen Unterschriften gesammelt werden können, könnte der Erfolg der Initiative nur auf dem Papier stehen. Denn die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahme ist nur mit dem Willen der Regierung – und nicht der Stadtverwaltung - möglich. "Der französische Staat hat die Hand über die Hoheitsgewässer und damit über die Häfen Frankreichs", erklärt hierzu Nathalie Chaudon, Regionaldirektorin von France Nature Environnement (FNE).  

Eine gangbare Alternative, so Chaudon, wäre stattdessen den lokalen Vertretern des Staates, und zwar den Präfekten des Departements Bouches-du-Rhône, zum Handeln aufzufordern. Da es der Präfektur rechtlich immer möglich sei, auf lokaler Ebene strengere Normen als die Nationalstandards zu verabschieden und folglich dabei einen maritimen Teil in den schon bestehenden Luftschutzplan aufzunehmen. Unabhängig davon, ob die Initiative die notwendige Unterstützung von der Präfektur oder direkt vom Staat erhalten wird, besteht jedoch noch Hoffnung auf ein saubereres Mittelmeer.  

Schließlich ist Marseille nicht die einzige Stadt, wo die Umweltfolgen des Schiffverkehrs auf die Luftqualität und Gesundheit der Bürger sich bemerkbar machen. Um diese entgegenzuwirken, haben die Mittelmeerstaaten im Rahmen des 8. Ausschusses der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) im letzten Juni die Errichtung einer sogenannten SECA-Zone beschlossen. Ab 2025 solle diese sich über das gesamte mediterrane Wassergebiet erstrecken und dabei Schadstoffemissionen von etwa Schwefeloxiden und Partikeln unter Kontrolle behalten. 

Selbst für Entscheidungsträger auf nationaler und lokaler Ebene wird es immer schwieriger, den Handlungsbedarf in Sachen Klimaschutz zu ignorieren. Notwendig seien Maßnahme, die aus einer Gesamtperspektive die Lage betrachten und dann auf die Minderung der durch den Verkehr verursachten Umweltverschmutzung abzielen. Egal ob auf der Straße, in der Luft oder auf dem Meer. Die Verantwortung soll fair unter allen Schuldigen geteilt werden. Und das nicht nur zum Wohle der Umwelt, sondern auch aus einem Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung gegenüber.