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Abgasskandal: Harter Schlag für Volkswagen und KBA

Im Zuge des Dieselskandals waren sowohl Volkswagen als auch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) in den Rechtsstreit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die in vielen Verbrennern aktiven Abschalteinrichtungen einbezogen worden. Das Verwaltungsgericht in Schleswig hat nun über die Beteiligung des Bundesamtes und die Unzulässigkeit der von den Autobauern geplanten Nachrüstungen entschieden. Es könnte für beide Seiten teuer werden.

Über die sogenannten Thermofenster streiten Umweltschützer und Autobauer seit langem. Von Anfang an waren diese illegalen Abschalteinrichtungen einer der Schwerpunkte, wenn nicht sogar der Schwerpunkt, des Dieselskandals. Letzterer hatte die Automobilindustrie jahrelang aufgewühlt und für zahlreiche Klagen gesorgt, unter anderem vonseiten der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Der Umweltverband wollte nämlich dem fragwürdigen System der Abgasreinigung ein Ende setzen und wendete sich dafür an die Gerichte – was zu einem langen Verfahren wurde. Etwa schon letztes Jahr kam der Europäische Gerichtshof (EUGH) zur Entscheidung, Thermofenster in der Motorsteuerung von Dieselautos für gesetzeswidrig zu erklären. Doch viele Fragen blieben unbeantwortet. 

Jetzt, sieben Jahre später, konnte das Verwaltungsgericht in Schleswig-Holstein die Rechtssache – zumindest vorläufig - abschließen und auf der Grundlage des EUGH-Rechtsgutachtens Thermofenster verbannen. Dies sei faktisch ein für alle Mal eine illegale Praxis, für die selbst das Kraftfahrtbundesamt die Verantwortung offiziell neben dem Autokonzern tragen wird. Denn das KBA habe gesetzeswidrig gehandelt, indem das Bundesamt Hersteller wie Volkswagen ermöglichte, solche Abschalteinrichtungen einzusetzen. Eine Vernachlässigung seiner Pflichten gegenüber den Verbrauchern als auch - angesichts der starken Auswirkungen auf die Luftverschmutzung - gegenüber der Umwelt. Schließlich durften die Fahrzeuge in Umweltzonen einfahren oder waren nicht von Dieselfahrverboten betroffen, obwohl sie mehr Feinstaub und Stickoxide ausstoßen als erlaubt.  

Gleichzeitig wurden auch neue Ergebnisse aus dem Gerichtsprozess in Schleswig bekannt. Auch die neuen Software-Updates - womit Volkswagen über Jahre plante, Fahrzeuge nachzurüsten – seien ebenso nicht vollständig konform. Ein schwerer Schlag für die Autobranche, aber auch für das KBA. Beide setzten im Endeffekt stark darauf, dass das Problem mit dem Thermofenster relativ einfach durch ein Update des Fahrzeugsystems mit einem neuen Programm gelöst werden konnte. Zwar wäre es ein langer Prozess gewesen, welcher Volkswagen für das Software – sowie für den Rückruf zum Nachrüstungszweck – viel Geld und Ressourcen gekostet hätte. Die Firma wäre aber somit in der Lage gewesen, den Sachverhalt zu Ende zu bringen und somit eine mögliche Stilllegung der Skandalfahrzeuge zu vermeiden. Auch die neuen Softwares wurden jedoch nun für illegal erklärt, da sie selbst eine Reihe von unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalten. 

Unsicher ist daher, wie der Konzern die mit Thermofenster ausgestattete Wagenmodelle – und zwar beispielsweise Golf und Touran der Abgasnorm Euro 5 mit Zwei-Liter-Dieselmotor - wieder die notwendige Rechtskonformität geben wird. Klar ist aber, dass zahlreiche Fahrzeuge betroffen sind. Über acht Millionen Dieselautofahrer in der EU mussten seit 2016 in der Tat für das Update in die Werkstatt, um die Zulassung nicht zu verlieren. Was die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für sie bedeuten wird, bleibt allerdings abzuwarten. Vieles hängt davon ab, wie sich Volkswagen und das Kraftfahrtbundesamt entscheiden werden - und wie schnell eine Alternative für die Software gefunden werden kann, die der gerichtlichen Prüfung standhalten könnte. Wahrscheinlich ist jedoch, dass das Unternehmen vor der Überprüfung anderer Handlungsmöglichkeiten versuchen wird, das Ergebnis des aktuellen Gerichtsprozesses zu revidieren. 

Wie die Angelegenheit ausgehen wird, ist noch schwer vorherzusagen. Der Prozess in Schleswig wird aber sicher nicht der letzte sein, den die Deutsche Umwelthilfe gegen die Protagonisten des Dieselskandals einleiten wird.