Green-Zones News
Frankreich: Neue HU-Pflicht für Motorräder

Green-Zones News

Lange hatte der Staat versucht, die Umsetzung der EU-weiten Hauptuntersuchungspflicht zu vermeiden. Nun wird die HU-Pflicht aber doch auch in Frankreich eingeführt.

Bisher brauchte ein in Frankreich zugelassenes Motorrad keine weitere technische Untersuchung. Dies hätte sich zum 1. Januar 2022 ändern sollen, als die Europäische Union eine einheitliche Regelung zur technischen Prüfung beschloss. Davon seien alle Motorräder und Roller ab 125 cm³ Hubraum betroffen. Wie auch Dänemark und Finnland hatte sich Frankreich aber gewehrt und kündigte an, dass der Staat nicht mitmachen würde. Kürzlich habe der Staatsrat nun doch die Einführung der HU-Pflicht beschlossen.  

Zwar bleibt die Regierung nach wie vor der gegenteiligen Meinung. Bereits im Sommer 2021 hatten sich Präsident Emmanuel Macron und der Verkehrsminister Jean-Baptiste Djebbari öffentlich gegen periodische Motorradinspektionen ausgesprochen. "Es wird keine technische Kontrolle für Zweiräder geben, in der Form wie sie geplant war“, gab Djebbari an.  Jedoch wolle man das System überdenken und "konkretere und weniger restriktive alternative Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und der Umweltverträglichkeit von motorisierten Zweirädern umsetzen".  

Auch der Staatsrat zeigt sich zunächst damit in Zustimmung. Im Frühjahr 2022 bestätigte er die Aufhebung des Dekrets und erklärte, dass Frankreich bis auf weiteres eine Umsetzung der HU-Pflicht nicht nachkommen würde. Nun gäbe es aber neue Entwicklungen. Die ursprünglich für Januar 2023 geplante Regelung soll nämlich schon auf Oktober dieses Jahres vorgezogen werden. „Keine Rechtfertigung“, so die Behörde, bestehe zum jetzigen Zeitpunkt für eine Verzögerung der Umsetzung der europäischen Vereinheitlichungsregelungen. Hauptsächlich auf Basis von Sicherheitsgründen argumentiert der Staatsrat seine neue Stellung. Ebenso als entscheidender Faktor aufgeführt ist die Minderung von Lärm- und Umweltbelastung, zu der die technische Untersuchungspflicht für Krafträder führen soll.  

Die vom Staatsrat aufgelisteten Gründe überzeugen aber andere beteiligte Einrichtungen noch nicht. Darunter auch der Europäischen Motorradverband (FEMA). Dieser betone vor allem, dass es keine Gewissheit über den positiven Einfluss der HU-Pflicht auf die Verkehrssicherheit bestehe. Nach Berichten, die dem FEMA vorliegen, gäbe es zwar „keine Hinweise darauf, dass der technische Zustand von Motorrädern bei Unfällen eine wesentliche Rolle“ spielen würde. Vielmehr, so die FEMA, würde die Schulung von allen Verkehrsteilnehmern, sowie die vollständige Durchsetzung der schon bestehenden Verkehrsregeln, der Sicherheit auf die französischen Straßen zugutekommen.

Gleichzeitig kann nicht gesagt werden, dass die obligatorische Durchführung technischer Kontrollen nach der Erstzulassung negative Auswirkungen haben würde. Würde die Ursache eines Motorradunfalls etwa mit den technischen Bedingungen des Zweirads zusammenhängen, könnte eine Inspektion nämlich das Unglück sogar verhindern. Auch die Umwelt, oder zumindest die Maßnahme zum Schutz dieser, können von der HU-Pflicht profitieren. Schon bei den technischen Kontrollen könnte auffallen, ob zum Beispiel die seit 2016 in Frankreich notwendige Umweltplakette fehlt oder die falsche angebracht wurde. Auch in Deutschland wird dies nämlich mit den PKW beim TÜV so gehandhabt.  

Auch unter den Bürgern wächst außerdem das Bewusstsein, dass Motorräder für die Umwelt gleich belastend sein können, wie vierrädrige Fahrzeuge. Genau aus diesem Grund haben die Vereine Respire, Ras le Scoot und Paris Sans Voiture eine Klage gegen das Pariser Rathaus und die Polizeipräfektur soeben eingereicht. Gefordert sei es nämlich, dass die Polizei motorisierte Zweiräder kontrollieren und aus dem Verkehr ziehen würde. Damit wollen die Kläger, "die Luftverschmutzung verringern und die öffentliche Gesundheit schützen". "Die Stadt Paris muss im Rahmen der Umweltzone und im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2024 eine Vorreiterrolle einnehmen“, sagt Tony Renucci, Generaldirektor von Respire. Indem sie „eine erhebliche Quelle der Luft- und Lärmbelastung sind“, sei es nur sinnvoll, dass auch Motorräder durch Verbal- und Strafkontrollen ihre Verantwortung für die Straßensicherheit und Umweltverschmutzung tragen können. 

Auf jeden Fall wird Frankreich endlich die europäische Richtlinie erfüllen und technische Untersuchungen pflichtig machen. Wie diese sich auf die Verkehrssicherheit oder auf die Umwelt tatsächlich auswirken werden, das werden nur künftige Berichte der Behörden offenbaren.