Obwohl die Klimaziele und der fortschreitende Klimawandel immer wieder zeigen, wie wichtig die Einführung von Maßnahmen wie emissionsbedingten Fahrverboten und Umweltzonen ist, macht sich in Europa zunehmend eine Welle der Unzufriedenheit mit Anti-Auto-Maßnahmen breit. Vor allem in England und Frankreich kommt es oft zu Unruhen - während einige deutsche Städte die grünen Vorschriften einfach aufheben. Welche Zukunftsaussichten haben Umweltzonen?
In immer mehr deutschen Städten verschwinden Umweltzonen. Eine Entscheidung, welche einerseits von denjenigen kritisiert werden die ihre Abschaffung als einen verfrühten Schritt betrachten. Anderseits lässt die Nachricht der Abschaffungen die Bürger anderer Länder verwirrt und beunruhigt zurück – da sie hingegen immer öfter mit derartigen Maßnahmen zu tun haben, die ihrer Meinung nach ihre Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr einschränken. In letzter Zeit hat sich ein Widerstandsgefühl gegen Anti-Auto-Maßnahmen wie Umweltzonen und Fahrverbote nämlich verbreitet. Vor allem in Frankreich und England sprechen die Medien von Kritik, Protesten und Unruhen.
Immer mehr Franzosen lehnen Umweltzonen zum Beispiel ab. Dies zeigt eine Umfrage des CSA-Instituts, bei der mehr als 10.000 Franzosen zu ihrer Meinung über grüne Maßnahmen befragt wurden. Denn mit dem Wissenszuwachs gibt es auch mehr Kritik. Vornehmlich wenn nicht nur immer mehr Umweltzonen nach und nach eingerichtet werden, sondern auch da die Regeln in den bereits vor einigen Jahren eingerichteten Niedrig-Emissions-Gebieten mehrmals verschärft wurden. In diesem Jahr befürworten 51 % der Franzosen die Umweltzonen – im Gegensatz zu den 57% im Jahr 2022. Zwangsläufig ist die Ablehnung bei denjenigen, die ein älteres Fahrzeug besitzen, größer: 62 % der Halter von Fahrzeugen mit Plaketten 4, 5 oder ohne Klassifizierung kritisieren Umweltzonenvorschriften. Doch auch diejenigen, die umweltschützende Instrumente wie Umweltzonen und emissionsbedingte Fahrverbote befürworten, unterstützen diese nicht, wenn Geldinvestitionen - etwa zur Anschaffung eines grüneren Fahrzeugs - notwendig sind. Ein Drittel, der von Fahrverboten Betroffenen, hat nicht das Budget ein Elektroauto zu kaufen, egal ob neu oder gebraucht – so die CSA-Studie weiter.
Da sich die französische Regierung der Entstehung einer neuen Protestfront bewusst war, ließ sie in einigen Fällen die Bedingungen für die Umsetzung lockern - und Städte wie Lyon verschieben zum Beispiel den Zeitplan für die Verbote. Doch sind noch Einführungen und Vorschriftenverschärfungen geplant. Etwa 43 Ballungsräume mit mehr als 150.000 Einwohnern in ganzes Frankreich sollen bis Anfang 2025 über eine Umweltzone verfügen. Dafür überlegt Frankreich weitere Initiativen, um den Übergang zu verkehrs- und emissionsarmen Gebieten zu erleichtern. Im Großraum Paris, wo striktere Regelungen bald in Kraft treten sollen, plant Bürgermeisterin Hidalgo etwa die Bereitstellung eines Expressbusnetzes. Dies soll für alle Bewohner der Region Paris zur Verfügung stehen, die „keine Alternative zum Auto haben“ – erklärt die Bürgermeisterin - „und sich über die künftige Umweltzone (ZFE) im Großraum Paris ärgern“. Trotzdem drängen selbst einige Politiker weiterhin auf eine Verschiebung der nächsten Stufe des Verbots. Unter anderem fordert auch Valérie Pécresse, Präsidentin der Region Île-de-France, die weitere Verschiebung der nächsten Stufe des Fahrverbots um mindestens 18 Monate.
Auch in Großbritannien - neben dem Problem, das die hohen Bußgelder für Verstöße gegen die Vorschriften der Londoner „Ultra-Low-Emission-Zone“ vielen Autofahrern Sorgen bereiten – wächst die Unzufriedenheit mit Umweltzonen. Nach der Entscheidung von Bürgermeister Sadiq Khan, die Niedrigemissionszone auf die äußeren Bezirke auszuweiten, haben sich viele Autofahrer zusammen gegen die Verkehrspolitik der britischen Hauptstadt gestellt. Weil tausend zusätzliche Fahrzeuge somit ab August 12,50 £ pro Tag zahlen müssen, um Autos zu fahren, die nicht den Mindeststandards entsprechen. Weiterer Widerstand ist auch erwartet, da von weiteren Maßnahmen wie beispielsweise die Einführung eines "Pay-per-Drive"-Systems die Rede ist. Unklarheiten bezüglich der eigentlich geltenden Vorschriften und die saftige Strafe, die bei Verstößen folgen, sorgen ebenfalls dafür, dass Spannungen in London und im Rest Großbritanniens zunehmen.
Nicht nur Umweltzonen, sondern auch andere Anti-Auto-Maßnahmen, wie etwa die sogenannte LTNs („Low Traffic Neighbourhoods“) finden Widerstand unter den britischen Bürgern. Vornehmlich umstritten sei die Regelung nun in London, da Berichte zeigen, dass fast 240 Krankenwagen aufgrund von diesen verkehrsarmen Stadtvierteln aufgehalten wurden und nur verspätet den Notfall erreichen konnten. Hoch sei daher der Druck für die Politiker diese abzuschaffen. In anderen Städten wie Oxford, Brighton, Bath, St. Andrews, Newcastle und Tyne und Leith (Edinburgh) regt sich ebenso Unruhe gegen bestehende oder geplante Verkehrsmaßnahmen, die auf die Reduzierung des Autoverkehrs und der Luftverschmutzung im Sinne des Klimaschutzes abzielen. Und auch in Glasgow herrscht Unzufriedenheit. Hier sind es nicht private Autofahrer und Verbände, die sich über die Anti-Auto-Maßnahmen beschweren, sondern Wohlfahrtorganisationen.
Zwei Obdachlosenhilfsorganisationen, und zwar Emmaus Glasgow und All2gethernow, zeigen sich skeptisch den geplanten Maßnahmen gegenüber. Ab diesem Juni fällt nämlich die Schonfrist für die letztes Jahr verschärfte Umweltzone aus. Demnach müssen alle Fahrzeuge, die in die Umweltzone einfahren, umweltfreundlichere Abgasnormen erfüllen – mit nur noch für Anwohner vorgesehenen Ausnahmen. Sonst droht eine Strafgebühr. Die zwei Wohltätigkeitsorganisationen befürchten, durch Bußgelder der Umweltzone von der Straße verdrängt zu werden, wenn die Regelung später in diesem Jahr wie geplant in Kraft tritt. Da ihre Transporter, worauf in ihrer Arbeit angewiesen, die Anforderungen der städtischen Umweltzone nicht erfüllen – und sie mit einer Gebühr von 85 Pfund pro Tag konfrontiert werden, um ihre Dienste wie gewohnt anbieten zu können. Spenden werden jetzt gesammelt, um dadurch den Kauf neuer energieeffizienter Transporter und folglich den Betrieb von Emmaus und All2togethernow zu unterstützen. Doch besorgt und kritisch bleiben die zwei Vereine.
Gleichzeitig planen viele andere außereuropäische Länder den Abschied von Verbrennermotoren - wie etwa Kanada, einige US-Bundesstaaten und Chile. Und das, obwohl auch dort solche Maßnahmen nicht immer mit offenen Armen empfangen werden. Was liegt in der Zukunft für das Netz von Umweltzonen in Europa? Werden die Kritiker der Maßnahmen gewinnen oder wird die Politik doch im Interesse der Klimaziele und einer grüneren Umwelt- und Verkehrspolitik die Einführung und Verschärfung passender Umweltzonenvorschriften weiterhin durchsetzen? Werden Niedrig-Emissions-Gebiete öfter abgeschafft, wie es in einigen Städten in Deutschland dieses Jahr der Fall ist? Oder werden Autofahrer mit umweltschützenden Verkehrsmaßnahmen vermehrt zu tun haben? Die Entwicklungen über die nächsten Monate und Jahre werden über das Geschick der Verkehrswende im Kampf gegen den Klimawandel und die Rolle, die Städte und Länder dabei spielen werden, entscheiden.
Nicht zu vergessen sind jedoch alle Umweltzonen, die bereits aktiv sind und tausenden Fahrzeugen mit ihren Emissionsvorschriften betreffen – in England, Frankreich sowie im Rest Europas. Alle Informationen dazu stehen euch wie immer auf unsere Webseite und in der Green-Zones App zu Verfügung.