Während Länder wie Frankreich und die Niederlande zunehmend Maßnahmen zur Begrenzung der Emissionen und der daraus resultierenden Umweltbelastungen im Verkehrsbereich einführen, wollen einige deutsche Städte, die seit langem bestehenden Umweltzonen nun abschaffen. Ab März wird es in Karlsruhe, Pfinztal, Schramberg und Heidelberg keine Umweltzonen mehr geben. Ob andere deutsche Städte diesem Beispiel folgen werden?
Mit 22 Niedrig-Emissions-Gebieten ist Baden-Württemberg das Bundesland mit den meisten Umweltzonen in Deutschland. Seit 2009 bzw. 2013 an wurde der Autoverkehr in den Städten von Heidelberg, Karlsruhe, Schramberg und Pfinztal von Umweltzonenvorschriften reguliert. Viele andere Städte und Gemeinden im Land führten über die Jahre ebenso Umweltzonen ein. Erheblich konnte sich die Luftqualität in Baden-Württemberg dadurch verbessern. Doch nun werden sie für die vier Städte - und eventuell bald für weitere - der Vergangenheit angehören. Da das Regierungspräsidium in Karlsruhe diese zum 01. März 2023 aufheben wird. Nur das Lkw-Durchfahrtsverbot in der Reinhold-Frank-Straße in Karlsruhe wird weiter bestehen – zumindest bis Ende Juni.
Über die letzten Jahre habe sich die Emissionslage in Heidelberg, sowie in Karlsruhe, Schramberg und Pfinztal, nämlich so stark verbessert, dass die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme infrage gestellt wurde, sollte diese bei aktuellen Bedingungen fortgesetzt werden. Eine Überprüfung für die mögliche Aufhebung der Umweltzonen wurde daher vom Regierungspräsidium im Auftrag des baden-württembergischen Verkehrsministeriums durchgeführt. Das Ergebnis? Dem Gutachten nach liege die Stickstoffdioxid-Konzentration, auf das Jahr gerechnet, unter dem Grenzwert von 40 µg/m³ und auch der Grenzwert für Feinstaub wurde unterschritten. Nicht mehr erforderlich seien daher die in Heidelberg, Karlsruhe, Schramberg und Pfinztal aktiven Umweltzonen. Sicher seien zudem die Behörden, dass die Abschaffung dieser nicht zu erneut erhöhten Schadstoffwerten führen würde. Fest sind die Städte in ihrer Auffassung, dass die emissionsbedingten Fahrverbote nicht mehr zulässig sind. Beim derzeitigen Luftverschmutzungsniveau wären die Nachteile für Autofahrer, so das Regierungspräsidium, wesentlich größer als die Vorteile, die die Umweltzone für die Luftqualität und die Umwelt bringt. Weitestgehend beobachtet werden aber weiterhin die Luftlage und die gesamten Luftreinhaltepläne für die Landkreise überprüft.
Es stellt sich jedoch die Frage: Werden diese bald auch in anderen Städten abgeschafft? Schließlich könnten ähnliche Überprüfungsverfahren auch anderswo in Deutschland eine deutliche Verringerung der Schadstoßausstöße ergeben und damit möglicherweise die Möglichkeit bieten, bestehende Umweltzonen abzuschaffen. Ob und wie viele Städte oder Gemeinden diesem Beispiel folgen werden, ist nicht klar. Es zeichnet sich aber ab, dass folgende demnächst ebenfalls keine Restriktionen haben werden. Bereits bereitet das Regierungspräsidium Stuttgart die Aufhebung der Umweltzonen in Wendlingen am Neckar (Landkreis Esslingen), Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis), Ilsfeld (Landkreis Heilbronn) und Urbach (Rems-Murr-Kreis) vor. Schon ab kommenden Mai könnte es in allen betroffenen Gemeinden keine Niedrig-Emissions-Gebiete mehr geben.
Für Klimaexperten und Umweltschützer gilt dennoch die Entscheidung aus Baden-Württemberg als verfrüht. Vor allem, da die Europäische Union eine Verschärfung der Grenzwerte erwägt, um diese an der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Schwelle anzunähern. Gerade deshalb gehen Länder wie Frankreich und die Niederlande immer strenger mit dem Problem der Luftverschmutzung um und orientieren sich bei ihren emissionsmindernden Plänen am Ziel einer saubereren Verkehrszukunft. Um strengere Grenzwerte einzuhalten, gibt es im Endeffekt kaum eine Alternative, als strengere Maßnahmen einzuführen. Maßnahmen, die nicht unbedingt, dennoch oft in Form von Umweltzonen Platz finden. Diese gelten letztendlich als eine der erfolgreichsten Instrumente für die Reduzierung von Verkehrsemissionen, etwa dank der Aussperrung der am meisten verschmutzenden Fahrzeuge aus dem Verkehr.
Zwar können Regelanpassungen für den Verkehr in Baden-Württemberg künftig gemacht werden oder die Behörden könnten erneut beschließen, die Einrichtung von Umweltzonen zu verkünden. Der Beschluss gilt trotzdem als eine alarmierende Signalwirkung. Neben einer möglichen Gefährdung der erreichten Fortschritte bei der Luftqualität geht Baden-Württemberg das Risiko ein, unter den Bürgern den falschen Eindruck zu erwecken, dass das, was getan wurde, ausreichte und ausreichend wird. Dass es im gewissen Sinne nicht mehr notwendig ist, sich zur Emissionsreduzierung zu verpflichten. Während in Wirklichkeit ein viel größeres Engagement erforderlich ist, um die Klimaziele im Rahmen des Kampfes gegen den Klimawandel zu erreichen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, wie das Bundesland und der Rest Deutschlands in den kommenden Monaten und Jahren mit dem Thema einer umweltfreundlicheren Verkehrsgestaltung im Sinne des Umweltschutzes umgehen werden. Ein stärkeres Engagement für die Umwelt, auch seitens der Politik, darf nicht länger in eine abstrakte Zukunft verschoben werden. Inzwischen steht fest, dass Autofahrer, welche in Karlsruhe, Pfinztal, Schramberg und Heidelberg unterwegs sein werden, ab März nicht mehr mit den grünen Vorschriften zu tun haben.
Nicht zu vergessen sind jedoch alle noch aktiven Umweltzonen in Deutschland - sowie im Rest Europas. Alle Informationen dazu stehen euch wie immer auf unsere Webseite und in der Green-Zones App zu Verfügung.